Friday, May 17, 2013

July 1, 2008--article about family who recently lost in court

This is unfortunately only in German and I don't have time to translate it, but I know if you look, you can find things in English. ("Kinderlehrer" left me a comment with a link to articles in English last week, for example.)



One thing that left me just about speechless (sorry, not much of anything makes me TOTALLY speechless LOL) was the final paragraph. The family's oldest son, who will be 16 in July, went to school the last half year so that he could get his diploma from the "Realschule." This is the 10th grade diploma, and a U.S. high school diploma is considered to be equivalent. He was the best in the class and applied for only one apprenticeship position, in a well-known carpentery shop, where he was accepted and will be starting soon. (The apprenticeship system is very well-developed in Germany, but one constantly sees articles in the newspaper about how there are so many more students looking for positions than there are positions available, that it is by no means a "given" that one finds a place.) None of that is the shocking part. However, the director of the local education authorities (district superintendent of schools) wonders how things would have been different had the boy attended school all along, and here comes the best part: he was quoted as saying, "Maybe he could have even skipped a grade." !!!! I don't want to think about what would have happened had the boy "attended school in the regular way", but I have a hard time believing that the "results" would have been BETTER. And there's the minor little detail that, at least in this state (admittedly, it could be different in Hessen, I don't know), a child born July 1st or later in 1992 would only be finishing NINTH grade under normal circumstances right now, not tenth! So, technically, he DID skip a grade! All in all, not a great indication of intellegence or rational thinking on the part of the school authorities, but then, it's been hard to find any at any point...




29. Juni 2008, 04:00 Uhr

Von Karsten Kammholz



"In der Schule verrohen die Kinder"



Im hessischen Archfeld weigert sich ein Elternpaar, seine Kinder in die Schule zu geben. Es unterrichtet sie aus religiösen Gründen selbst - und wurde nun zu drei Monaten Gefängnis verurteilt

Das Wort Gottes ist allgegenwärtig in dem unscheinbaren Fachwerkhaus. Es ist in Holztafeln eingeritzt oder eingerahmt hinter Glas. Ein alttestamentlicher Vers prangt über dem Hauseingang, ein weiterer am Briefkasten, der nächste im Hausflur und in den Zimmern etliche mehr: Es sind Psalmen, die Sprüche Salomos, Verse des Propheten Hosea. Hausherr Jürgen Dudek, ein schmächtiger Mann von 47 Jahren, steht im Wohnzimmer und zeigt auf ein gerahmtes Bibelzitat. Das habe ihm zuletzt sehr geholfen, sagt er. Es ist Jesaja 33,22: "Denn der Herr ist unser Richter."
Ein anderer Richter, ein weltlicher, hat Jürgen Dudek am Landgericht in Kassel vor wenigen Tagen zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Auch Dudeks Frau Rosemarie, 42, soll für drei Monate weggesperrt werden. Nach weltlichen Maßstäben haben die Dudeks eine Straftat begangen, und das wiederholt. Das Ehepaar weigert sich, seine Kinder zur Schule zu schicken.
Seit neun Jahren lebt die Familie im hessischen Dorf Archfeld. So etwas wie Lärm hört man hier nur, wenn der Bauer mit dem Traktor durch die engen Gassen knattert. Das Fachwerkhaus der Dudeks mit knarzenden Dielen, tiefen Decken und kleinen Zimmern ist einfach eingerichtet. Auf der Wohnzimmercouch sitzt Rosemarie Dudek. Ihre blonden Haare verbirgt sie unter einem roten Kopftuch. Andächtig stillt sie die acht Monate alte Tochter Sulamith. Es ist ruhig im Haus. Die anderen sechs Kinder spielen auf der benachbarten Wiese mit dem Familienhund. Jonathan, 15, Lukas, 14, Daniel, 11, Jeremia, 8, Noah, 5, und Jemima, 3, sind eigentlich ganz normale Kinder. Sie gehen zum Schwimmverein, zur Jugendfeuerwehr, zu den Pfadfindern. Und doch sind sie anders. Ihre Eltern, fromme Christen, unterrichten sie zu Hause: mit Klassenstufen, Schulbüchern, Stundenplan, Hausaufgaben und Ferien. Vier bis fünf Fächer schaffen sie an einem Tag. Im Moment sind in Hessen Ferien. Auch für die Dudek-Kinder.
Die Eltern, sie evangelisch, er katholisch erzogen, sind normal zur Schule gegangen. Allerdings nicht gern, denn sie empfanden es als Einengung. Im Studium lernten sie sich kennen. Sie hat lange als Musiklehrerin gearbeitet. Er war früher Journalist, arbeitete auch für eine Boulevardzeitung. Jetzt unterrichtet er nachmittags bei zwei Nachhilfeorganisationen. Ansonsten sind sie nur für die Kinder da. Und für Gott. Sie sagen: "Wir schenken Gott unser ganzes Vertrauen." Und: "Christus lebt in uns." Amtskirchen lehnen sie ab. Ihre Erziehung ist konfessionslos, aber bibeltreu.
Die Dudeks sind sich ihrer Sache sicher. Die Schulausbildung der Kinder wollen sie nicht dem Staat überlassen. Die Werte, die in der Schule vermittelt würden, passten nicht zu ihren eigenen. "In der Schule verrohen Kinder zwangsläufig", findet der Vater. "Sie lässt keinen Raum für Sensibilität." Ihren ältesten Sohn Jonathan hatten sie anfangs in eine christliche Schule gegeben. Doch selbst diese entsprach nicht ihren Vorstellungen. Denn wer kenne die Kinder besser als die eigenen Eltern, fragen die Dudeks. "Warum misstraut der Staat uns so sehr?" Der Staat ist in diesem Fall das Schulamt. Seit Jahren schon hat die Aufsichtsbehörde die Dudeks im Visier. Den Antrag der Eltern, den Hausunterricht als Ersatzschule anzuerkennen, lehnte das Amt ab. "Das, was die Dudeks machen, hat mit Schule nichts zu tun", sagt der leitende Schulamtsdirektor Gerhard Finke.
Dudeks wiederum beklagen, dass nie jemand vom Schulamt sie besucht hat, um die Unterrichtsbedingungen zu prüfen. "Dazu gab es keinen Grund", entgegnet Finke. Er verweist auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach die Religionsfreiheit niemanden von der Schulpflicht entbinde, Christen genauso wenig wie Muslime oder Juden.
Der Streit eskalierte. Das Schulamt zeigte die Dudeks an. Das erste Verfahren stellten die Richter noch gegen 300 Euro Bußgeld ein. Dudeks zahlten, schickten die Kinder trotzdem nicht zur Schule. Das Schulamt stellte erneut Strafanzeige. Nun sollten sie 900 Euro Bußgeld zahlen. Doch die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe gefordert und ging in Berufung. "Die Geldstrafen haben die Dudeks nicht beeindruckt. Da herrscht offenbar totale Uneinsichtigkeit", sagt Oberstaatsanwalt Hans Manfred Jung. "Wir hatten keine andere Wahl." Der Richter folgte der Staatsanwaltschaft und verurteilte die Eltern zu je drei Monaten Haft.
Jürgen und Rosemarie Dudek haben Revision dagegen eingelegt. Mit dem Fall wird sich nun das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main beschäftigen. Sollten die Richter dort keine Rechtsfehler im Kasseler Urteil finden, müssen die Eltern die Haft antreten. Um die Kinder nicht allein zu lassen, würde Jürgen Dudek zuerst ins Gefängnis gehen, dann seine Frau. Sie sagt: "Lieber drei Monate Gefängnis für uns Eltern als jahrelanges Gefängnis in der Schule für die Kinder."
Sie hätten schon Vertrauen in den Rechtstaat, sagen die Dudeks. Und natürlich wolle man nach seinen Gesetzen leben: "Wir sind Realisten." Nur bei der Sache mit dem Unterricht, da gehe ihnen der Rechtsstaat eindeutig zu weit. Sie beklagen einen Eingriff in die Erziehung der Eltern und damit in ihre religiöse Entfaltung.
Tatsächlich nimmt es kaum ein anderes Land in Europa mit der Schulpflicht so genau wie Deutschland. In den meisten Nachbarstaaten sind die Regelungen für das sogenannte Homeschooling lockerer. Ans Auswandern haben die Dudeks deswegen auch schon gedacht. Im vergangenen Jahr wollten sie nach Neuseeland ziehen. Aber für das Haus in Archfeld fand sich kein Käufer. So scheiterte der Plan schlicht am Geld.
Statt auszuwandern, wollen die Dudeks nun weiter kämpfen. Drei ihrer Söhne sind im schulpflichtigen Alter. "Schulpflicht heißt Schulbesuchspflicht", teilt das Ministerium mit. Am ersten Schultag nach den Sommerferien werden die Kinder trotzdem daheim bleiben. Spätestens um sieben Uhr am Morgen werden sie im Schulzimmer gegenüber von der Wohnstube an den Schreibtischen sitzen, wie üblich die Morgenandacht mit den Eltern feiern und dann über ihren Heften und Büchern brüten.
Der 15-jährige Jonathan wird dann schon auf dem Weg zu seiner Lehrstelle sein, einem renommierten Tischlereibetrieb in der Region. Er hat vor einigen Wochen seinen Realschulabschluss an der örtlichen Schule gemacht. Den konnten ihm seine Eltern nicht bieten. Also ging Jonathan ein halbes Jahr in die zehnte Klasse und schloss mit einem Durchschnitt von 1,1 als Klassenbester ab. Seine Schulleiterin sagt, er sei "sehr intelligent" und "absolut geeignet, das Abitur abzulegen". Nach dem halben Jahr hatte er aber erst mal genug von der Schule: "So manche Stunden habe ich dort als Zeitverschwendung gesehen", sagt er leise. Und wenn seine Mitschüler in den Pausen im Internet surften, ging er lieber mit den jüngeren Kameraden Fußball spielen. Durch Jonathans Leistungen sehen sich die Eltern bestätigt. Doch im Schulamt fragt man sich, wie Jonathans Weg wohl verlaufen wäre, hätte er die Schule regulär absolviert. Schulamtsdirektor Finke sagt: "Vielleicht hätte er sogar eine Klasse überspringen können." Jonathan wird im Juli 16 Jahre alt. Er will nun Schreiner werden, und er ist stolz auf den Ausbildungsplatz. Es war seine einzige Bewerbung.

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